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WasserTurmLicht

Auftraggeber: Wiener Netze
Projektbetreuung Wiener Netze: Matthias Lun
Architekt: Prof.Dr. DI René Patzl
Lichtplanung und Leuchtendesign: Moritz Gieselmann
Elektroplanung: Lechner und Partner
Technisches Konzept der Leuchten und Ausführung: Elmar Schrutek, Schrutek GesmbH
Elektroinstallation: Fleck Elektroinstallationen GmbH

Portfolio WasserTurmLicht als pdf zum download:

lichtplanung-wien.at/…/WasserTurmLicht.pdf

Im Jahr 1893 beschloß der Wiener Gemeinderat die Errichtung eines kommunalen Großgaswerkes, bis 1896 war die Planung nach Entwürfen von Ing. Theodor Herrmann abgeschlossen. Mit hohem technischem und personellem Aufwand gelang es, das Gaswerk, die vier Gasbehälter und auch den dazugehörigen Wasserturm bis Juli 1899 fertigzustellen.
Das prächtige, im historistischen Stil der Zeit ausgeführte Erscheinungsbild
spiegelt das Selbstbewusstsein und Repräsentationsbedürfnis der Luegerschen Stadtverwaltung.
Für den Betrieb des Gaswerkes wurde viel Wasser benötigt: Einerseits zum Löschen der entgasten Kohle und andererseits für die Bassins der Gasbehälter. Für jeden der vier Behälter waren 30.000 m³ Wasser erforderlich, die Befüllung der Tanks dauerte 34 Tage. Im Winter wurde das Wasser, um nicht einzufrieren, mit Alkohol versetzt. Überfließendes Wasser wurde abgeleitet und verdunstetes Wasser nachgefüllt.
Ab Mitte der 60er Jahre wurde die Versorgung Wiens sukzessive auf Erdgas umgestellt, die Ära der Verstromung von Steinkohle ging langsam zu Ende. Das nicht mehr benötigte Ofenhaus wurde abgerissen, die vier Gasbehälter, „Gasometer“ genannt, und der Wasserturm wurden unter Denkmalschutz gestellt. Der Teil des ehemaligen Gaswerk-Geländes, auf dem der Wasserturm steht, gehört heute zum Betriebsgelände der Wiener Netze.

2016 wurde der Wasserturm restauriert und eine neue Nutzung beschlossen: Ein Zentrum für Schulungen und Veranstaltungen, Konferenzen und Tagungen findet hier im historischen Zentrum, dem inzwischen ältesten Gebäude des Betriebsgeländes der Wiener Netze, einen idealen Ort.
Für das Veranstaltungszentrum werden das Erdgeschoß und der erste Stock des Wasserturms genutzt. Beide Geschoße haben die Form eines Achtecks mit einem Durchmesser von elf Metern. Das fensterlose Erdgeschoß wirkt mit einer Höhe von 2,90m recht niedrig, das Obergeschoß dagegen mit einer Raumhöhe von sieben Metern und den langen schmalen Fenstern in allen acht Wänden äußerst großzügig.
Mit der architektonischen Konzeption wurde Prof. Dr. Dipl.-Ing. René Patzl beauftragt, mit dem Ausbau wurde im Jänner 2018 begonnen, und Ende Mai 2018 konnte das neue Veranstaltungszentrum eröffnet werden.
Im Erdgeschoß haben die Garderobe und eine Bar ihren Platz, das Obergeschoß kann je nach Art der Veranstaltung anders bespielt werden, mit einem großen Konferenztisch für Besprechungen, Sitzreihen für Vorträge und Schulungen oder nur mit einem Rednerpult.
Mit der Lichtplanung wurde Moritz Gieselmann betraut.
Sehr schnell war es klar, dass es hier, um dem Genius loci und den wechselnden Nutzungen zu genügen, nicht damit getan wäre, fertige Leuchten zu montieren, diese besonderen Räume verlangten nach einer maßgeschneiderten Lösung: Das fensterlose Erdgeschoß mit seiner niedrigen Anmutung erhielt als Hauptlicht ein virtuelles Oberlicht, dass nicht nur optische Höhe vermittelt, sondern durch seine spezielle Gestaltung einen Kuppeleffekt in der Wahrnehmung des Betrachters hervorruft: Aluminiumtafeln aus dem Reflektorbau mit einer speziellen Oberflächenstruktur werden von der Seite beleuchtet, reflektieren das Licht so, dass in der Wahrnehmung- aus jedem Blickwinkel etwas anders – eine virtuelle Kuppel entsteht.

Für den Veranstaltungssaal galt es, Leuchten zu entwickeln, die einerseits alle Anforderungen an die Beleuchtung eines Konferenz- und Tagungsraumes erfüllen: Blendfreiheit für TeilnehmerInnen und Monitore, trotzdem genügend vertikale Beleuchtungsstärken um eine behagliche Lichtatmosphäre zu schaffen. Andererseits tritt die Beleuchtung in Dialog mit der historischen Industriearchitektur, mit ihrer großzügigen, selbstbewussten und funktionalen Formensprache.
Das Hauptlicht sollte daher eine reduzierte, industrielle Formensprache aufweisen, zeitgemäß sein und in seiner Materialität an den großen Wassertank erinnern, der hier eingebaut war. Es wurden daher zwei Cortenstahlplatten in der Größe von 2,70m x 1,50m einen Meter unter die Decke gehängt, aus den Platten leuchten 32 LED-Strahler nach unten. Der Ausstrahlungswinkel wurde mit 30° bewusst eng gewählt, um jede Blendung zu verhindern, durch die Höhe des Raumes gelingt es trotzdem, eine gleichmäßige Lichtverteilung zu erreichen.
Eine zweite Leuchte sorgt für die vertikalen Beleuchtungsstärken: Da diese, um ihrer Funktion gerecht zu werden, nicht allzu hoch hängen kann, war klar, dass sie auf jeden Fall ein optisch bestimmendes Objekt sein würde. Es wurde eine Form gesucht, die die lichttechnischen Anforderungen erfüllt, den Proportionen des Raumes gerecht wird, und Assoziationen, die dem Genius loci Genüge tun, ermöglicht.
Die Leuchte erhielt die Form einer stehenden Fibonacci-Spirale: Diese wurde in acht einander überlappende Elemente unterteilt und ist 50 Zentimeter hoch. Vom Boden der Leuchte strahlen LEDs nach oben, das Licht wird durch die vertikalen Aussenflächen, die in satiniertem Acryl ausgeführt sind, diffus in den Raum verteilt. Durch die beachtliche Größe der leuchtenden Flächen gelingt es, hohe vertikale Beleuchtungsstärken zu erreichen, ohne dass eine Blendung eintritt.

Der Raum hat insgesamt 12 Fenster auf allen acht Seiten: Diese sind mit 60cm zwar sehr schmal, dafür mit 3,50m sehr hoch. Um auch die durch das aus allen Seiten einfallende Tageslicht mögliche Blendung zu minimieren, wurden die Beleuchtungsstärken recht hoch gewählt. Die horizontale Beleuchtungsstärke beträgt im Mittel 1000lx, die vertikale 500lx, ein Verhältnis von 1:2. Dieses Verhältnis wird jeder Sehaufgabe gerecht, bietet eine angenehme Modellierung der Menschen im Raum und unterstützt damit die Kommunikation, ein Gesichtspunkt, der bei vielen Lichtplanungen gerne vernachlässigt wird.
Beleuchtungsanlage und Jalousien werden über eine knx/Dali-Steuerung bedient, es ist daher möglich, für jedes Szenario das optimale Verhältnis von Tageslicht, vertikaler und horizontaler Beleuchtung zu wählen.
Sämtliche Leuchten wurden von Moritz Gieselmann entworfen, das technische Konzept und der Bau der Leuchten wurden von der Fa. Schrutek GesmbH ausgeführt.
Die Lichttemperatur aller Leuchten im Projekt beträgt 4000K, nicht zu warm im Verhältnis zum Tageslicht und nicht zu kühl auch für Veranstaltungen am Abend. Für einen möglichst hohen Sehkomfort kamen nur LEDs mit einem CRI >90 und flickerfreie Vorschaltgeräte zum Einsatz.
Durch die reibungslose Zusammenarbeit aller am Projekt Beteiligten ist es gelungen, dieses kleine, aber anspruchsvolle Projekt im geplanten Budget und in der geplanten Zeit zu realisieren.

Moritz Gieselmann Lichtplanung Wien:  Kunstlichtplanung • Tageslichtplanung • Lichtdesign • Leuchtendesign • Bespoke Lighting